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Wild - aus der Region

Wildfleisch wird immer beliebter, nicht ohne Grund

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Nachhaltig, regional, gesund – das Interesse an Wildbret wächst stetig, und das aus gutem Grund. Selbst Veganer gehen inzwischen auf die Jagd und in der Küche weht ein frischer Wind: Auf dem Speiseplan stehen immer öfter Reh-Ceviche und Hirsch-Carpaccio.

 

Als unsere Vorfahren vor rund 12.000 Jahren sesshaft wurden begannen sie, Viehzucht zu betreiben und vermehrt von den kulinarischen Erträgen ihrer Haustiere zu leben. Doch was sind schon 12.000 Jahre in der Menschheitsgeschichte? Ein Wimpernschlag!

Das Jagen liegt uns Menschen im Blut. Viele hunderttausend Jahre lang zogen wir jagend über Wiesen und durch Wälder, um unser Überleben zu sichern. So etwas verlernt man nicht so rasch …

Rund 30.000 Tonnen verzehrten Wildfleich die Deutschen in der Jagdsaison 2021/22, fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Bezogen auf den gesamten Fleischkonsum macht Wild allerdings nur einen verschwindend geringen Teil aus. Aber die Nachfrage wächst. Nachhaltigkeit, Regionalität Tierwohl sind die ernährungspolitischen Schlagworte der Stunde. Und Wildfleisch erfüllt sämtliche Kriterien: Die Tiere stammen aus heimischen Wäldern, ernähren sich von wilden Pflanzen, leben in freier Wildbahn und sterben auch dort – ohne Transport- und Schlachtstress.

 

Kein Wunder also, dass das Interesse an der Jagd seit Jahren steigt. Und zwar quer durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten, wie Helmut Dammann-Tamke, Präsident des Deutschen Jagdverbandes, sagt.    Mehr als 407.000 Jäger verzeichnete die deutsche Jagdstatistik im vergangenen Jahr – so viele wie nie zuvor. Auch in der Schweiz und in Österreich steigt die Zahl der Menschen mit Jagdschein. »Unter den heutigen Absolventen sind jedoch immer mehr, die bislang keinerlei familiäre Berührungspunkte zu dem Thema hatten«, erklärt der 61-Jährige. »Die Menschen haben vielmehr entdeckt, wie spannend die Natur ist.« Denn bei der Jagd gehe es nicht nur um das Erlegen von Tieren und den Wildgenuss. Jagd bedeute auch Entschleunigung und Naturerfahrung, Umwelt- und Klimaschutz.

 
Das Jagen liegt uns Menschen im Blut. Jahrtausendelang zogen unsere Urahnen durch die Flur und erjagten sich ihre Nahrung.

 

Denn zur Leibspeise von Reh und Co. zählen junge Triebe und Baumrinde. Ist eine Reh-Population zu groß, hat der im Kampf gegen den Klimawandel so wichtige Wald aber keine Chance, wird durch Verbiss geschädigt und die Bäume kämpfen selbst ums Überleben, anstatt CO2 speichern zu können. Vor allem Jungwälder leiden stark unter Wildverbiss und sterben ab, ehe sie kräftig genug sind, um mit diesem Stress klarzukommen. Selbst mancher Veganer, sagt Dammann-Tamke, lasse sich daher vom »ethisch vertretbaren« Wildfleisch überzeugen und wird »Wildganer«.

 

Gesundes Fleisch

Hinzu kommt: Wildbret ist besonders mager und deutlich kalorienärmer als sonstiges Fleisch. Es ist frei von Hormon- und Medikamentenrückständen, dafür reich an Vitaminen, Mineralstoffen und gesunden ungesättigten Fettsäuren, kurz:  mit Abstand eine der gesündesten Fleischarten.

Am häufigsten auf den Tellern landet in Deutschland, Österreich und der Schweiz Wildschwein. Das saftige, dunkelrote Fleisch der Tiere hat zwar einen höheren Fettanteil im Vergleich mit anderem Wild, ist aber dennoch magerer als alles, was vom Hausschwein kommt. Rebhuhn, Fasan und Kaninchen schmecken deutlich milder und haben kaum den typischen Wildgeschmack. Zur Familie der Hirsche gehört neben Dam- und Rothirsch (oft Rotwild genannt und geschmacklich am ehesten mit Rind zu vergleichen) auch das Reh. Mit seinem zarten, sehr mageren Fleisch zählt es ebenfalls zu den am häufigsten verzehrten Wildfleischarten in Mitteleuropa.

Nachdem die erlegten Tiere – je nach Größe – fünf bis 14 Tage »in der Decke«, also mitsamt dem Fell, gereift sind, legt der Koch  sie in ihre Einzelteile. Ein Evergreen auf ihrer Karte: Carpaccio vom Reh- oder Hirschfilet, im Herbst serviert mit Steinpilzpesto. Die alte Regel, wonach Wildbret stets durchgegart werden sollte, ist längst überholt. Zarte Fleischstücke von der Schulter serviert Fahringer gerne rosa gebraten – dazu als Gegenstück eine saisonale Kruste aus Kürbiskernen oder Maroni. Grundsätzlich, sagt sie, verträgt sich Wild auch gut mit Süße. Zum Gulasch etwa empfiehlt sie Schoko-Zimt-Sauce.

 

Natürlich hat nicht jedes Restaurant einen Jäger im Küchenteam oder Familienkreis. Und längst nicht jedes Lokal verarbeitet heimische Tiere. Rund ein Drittel des in Deutschland verzehrten Wildbrets stammt aus dem Ausland. In der Schweiz liegt der Anteil ähnlich hoch, in Österreich sogar bei rund der Hälfte. Aber: Tiefgefrorener Hirsch aus Neuseeland oder Reh aus osteuropäischer Gatterhaltung,

ein absolutes No-Go. »Wir haben hier so eine riesige Vielfalt an qualitativ hochwertigem Wildfleisch«, sagt der Koch, der für seine Regionalküche im vergangenen Jahr vom Guide Michelin mit einem grünen Stern ausgezeichnet wurde. Viele Gerichte gibt es nur wenige Wochen, manches gar nur einige Tage. Darnauguilhems Kochstil – eine augenzwinkernde Hommage an die französische Küche: »Ich spiele gerne mit klassischen Gerichten.« Aus Sauce Grand Veneur – einer dunklen Sauce mit Fleischfond und Blut, die häufig zu Wild serviert wird – macht Darnauguilhem eine gemüsebasierte Variante mit Mohn und geklärter Butter. Hirschtatar mischt er mit Roten Rüben – getreu seinem Motto: Mehr Gemüse, weniger Fleisch, dies dafür in bester Qualität. Für importiertes Wildfleisch, das noch dazu meist aus Gatterhaltung stammt, weil das die Produktivität erhöht, ist da kein Platz.

 

Von allen Wildarten hat das Wildschwein den höchsten Fettanteil. Der sorgt dafür, dass sein dunkelrotes Fleisch als besonders aromatisch wahrgenommen wird.

 

Ein weiterer Vorteil von Wild:   Im Idealfall stammen die Tiere aus der Region, erlegt in freier Wildbahn. Außerdem wichtig: Das Tier muss rasch an Ort und Stelle ausgenommen werden. »Sonst bekommt es diesen strengen Wildgeschmack.  Das weit verbreitete Vorurteil vom muffigen Wildbret komme nur von falscher Handhabung.

Wild würzt sich bereits beim Fressen selbst. Denn es ernährt sich von jungen Gräsern, Trieben, Blüten und frischen Kräutern, die dem Fleisch seine besondere Note verleihen.

 

Noch vor zehn Jahren wurde Wild in die »nischige Weihnachtsschublade« geschoben,

Heute sei die Jagd jung und modern. Im Zuge dessen kehrten auch auf dem Teller Experimentierfreude und Abwechslung ein. Im Fuchs’schen Familienbetrieb, gelegen im Schwarzwälder Münstertal, stand Wild seit jeher auf der Karte – allerdings nicht in Form von Frühlingsrollen oder Dim Sum. »Ich hatte keinen Bock, das 17. Rehragout anzusetzen«, sagt Fuchs, die den elterlichen Betrieb 2015 mit ihrer Schwester übernommen hat. »Ich wollte vielmehr eine Wildküche, die Spaß macht, die jung und modern ist.« Schon als Kind war sie mit ihrem Vater auf der Pirsch, wurde ihr der Kreislauf der Jagd nahegebracht – vom respektvollen Töten durch gezielten Schuss bis zur restlosen Verarbeitung in der Küche. Die 33-Jährige liebt es, mit asiatischen Aromen zu spielen. Sie füllt Frühlingsrollen mit Fasan oder mischt stundenlang geschmortes Fleisch vom Wildschwein mit Gemüse, packt die scharf abgeschmeckte Masse in Teigtaschen und serviert sie in der rustikalen Gaststube im Dampfkörbchen. Ihr Tipp für die heimische Küche? Qualität! »Am besten beim Jäger des Vertrauens anrufen und fragen, was er gerade hat.«

Regionale Wildanbieter, Manufakturen und Gastronomiebetriebe listet. Das deutsche  - Waldfleisch . bietet  gewünschte Produkte können direkt am Handy bestellt werden. Eine interaktive Karte zeigt Jäger in der Nähe, und wer seinen Liebling gefunden hat, wird per Push-Nachricht über frisch geschossene Wildware informiert. Viele Jäger versuchen auch, die erlegten Tiere selbst zu vermarkten, denn der Wildhandel, sagt DJV-Präsident Helmut Dammann-Tamke, zahle meist nicht gut. Wie teuer Wildbret ist, hängt von Saison, Tier, Cut und Region ab. Je nach Angebot und Nachfrage müsse man für ein fertig ausgenommenes Reh mit etwa 15 Kilo zwischen 60 und 120 Euro zahlen, küchenfertige Stücke seien teurer. Zu den begehrtesten und damit teuersten Stücken zählt Rehrücken, Kilopreise beginnen hier ab ca. 35 Euro (inkl. Knochen). Und Wildschwein kostet in der Regel weniger als Reh oder Hirsch. Grundsätzlich gilt: Für regionales, nachhaltig erzeugtes Fleisch sind diese Preise immer noch verhältnismäßig günstig.

 

Als in der Corona-Zeit sämtliche Gastronomiebetriebe geschlossen hatten, begann sie, Wildfleisch zu Wurst und Sugo zu veredeln. Die 32-Jährige aus dem Waldviertel ist selbst Jägerin und steht damit für gleich zwei Trends: Die Jagd wird immer jünger – und weiblicher. Unter Jungjägern liegt der Frauenanteil heute länderübergreifend bei fast 30 Prozent. Jünger, weiblicher, moderner – das gilt für die Jagd wie für die neue Wildküche. Waidmannsheil!

 

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Über den Wildreichtum der Berge und Wälder, die herbe Aromatik unserer Früchte, die Weltläufigkeit in der Küche und den »Hirsch von Rom«.

 

 

Mit dem Spätsommer ist jene Zeit gekommen, in der das Essen nirgendwo besser schmeckt als bei uns: dank des Wildreichtums unserer Berge und Wälder, der herben Aromatik unserer Früchte – und der Weltläufigkeit, mit der wir inzwischen auch in der Küche unterwegs sind.

Man kann das Mantra nicht oft genug wiederholen: Unser Wild ist Weltklasse. Unser Wild ist absolute Weltklasse. Zartes, fast fettfreies Fleisch von einer subtilen Geschmackstiefe. werden nicht zufällig in höchsten Tönen gelobt wird. Von Tieren, die in unserer einzigartigen Natur herangewachsen sind. Das ist Genuss pur, ganz buchstäblich: Mit dem Geschmack des Waldes, des Winds, des Regens nach einem heißen Tag.

Bloß wir selbst scheinen das immer noch nicht so recht wahrnehmen zu wollen. Der Wildreichtum unserer Natur lässt uns buchstäblich aus dem Vollen schöpfen und nur das edelste, zarteste und bekömm­lichste Protein überhaupt auf den Teller bringen – im Zweifel aber greifen wir dann doch lieber zu Zuchtfleisch als zu Wildbret aus freier Wildbahn.

Am Image des Wilds als solches kann das nicht liegen, eher schon an Erinnerungen, wie uns das früher einmal nicht geschmeckt hat. Die altmodische Art, mit dem zarten, fast fettfreien Fleisch umzugehen, es bis zur Lebrigkeit tot zu dünsten und unter schweren, faden Saucen zu begraben, hat es einem wirklich schwer gemacht. Solche tief im Unterbewussten abgespeicherten Antipathien sind nicht einfach rational zurückzudrehen, da helfen nur positive Erlebnisse – und am besten viele davon.

Insofern ist das nebenstehende Rezept vielleicht ein Anfang: In der Kombination mit Salbei und knusprigem Speck geraten Reh und Hirsch gleich noch einmal so unwiderstehlich, die karamellisierten und leicht beschwipsten Zwetschken steuern Fruchtsüße und -säure bei, der Salat sorgt für knackige Frische – man muss sich schon sehr enge Grenzen des Köstlichen abgesteckt haben, um sich an dem nicht glücklich zu essen.

Geografisch lässt sich so ein Gericht eigentlich gar nicht einordnen. Klar, die Saltimbocca ist von der Idee her ein urtypisch der italienischen römischen Hauptstadt zugeschriebenes Gericht.

Nur: Mit Hirsch oder Reh würden die das dort nie in die Pfanne hauen – davon gibt es jenseits der Alpen einfach zu wenig. Und in der Kombination mit salzig-würzigen, ofengebratenen Zwetschken schon gar nicht. Die Tradition, die Frucht mit dem Wildbret aus herbstlicher Jagd auf den Teller zu bringen, ist eher der angelsächsischen Tradition zuzuordnen. Und die Idee, solch salzige und süße Delikatessen in einem pikanten Salat zu vereinen? Ist eindeutig südwestfranzösisch: In dem Land, wo die Enten für Confit und Foie gras gezüchtet werden, sind solche Salate mit knusprigem Fleisch und süßsaurer Frucht in knackiger, forsch gewürzter Umgebung extrem beliebt.

Was wir daraus schließen können? Dass deutliche lokale Verwurzelung bei der ­Herkunft der Zutaten eine wichtige und köstliche Sache ist. Dass aber schöpferische Freiheit und die Freude am Kombinieren kulinarischer Erfahrungen ein mindestens so probater Weg zum Glück sind wie die akkurate Nachbildung in der Tradition fu­ßender Klassiker. In diesem Sinne: Auf die Tradition! Auf die Freiheit! Auf unsere Natur und das Wild, das in ihr gedeiht!

 

Zu diesem kann man nicht genug erfahren!! Informationen in der heimischen Genussregion sind wichtig, daher diese Anregungen von mir!!!

 

 


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